Barrierefreiheit meint den zweckentsprechenden, selbstständigen Gebrauch von Räumen und Anlagen ohne fremde Hilfe (Definition im Bauordnungsrecht für bestimmte Anlagen; s. u.). Für Wohnungen heißt das vereinfacht: Türen, Flure, Bad und Küche müssen ausreichend zugänglich sein; Stufen, Schwellen oder enge Grundrisse erschweren dies.
Wichtig zu unterscheiden
Bauordnungsrecht: Die Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO) verpflichtet bei Neubauten/größeren Vorhaben teilweise zu barrierefreier Erreichbarkeit und Nutzung (z. B. Wohnungen in Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen: ein Geschoss muss barrierefrei erreichbar sein; in den dortigen Wohnungen müssen u. a. Bad/Toilette/Küche mit dem Rollstuhl zugänglich sein). Ausnahmen sind möglich, wenn der Aufwand unverhältnismäßig wäre.
Mietrecht: Bestandswohnungen müssen nicht automatisch die aktuellen bauordnungsrechtlichen Standards erfüllen. Mieter:innen können aber zustimmungspflichtige Umbauten verlangen, wenn sie der Barrierefreiheit dienen (§ 554 BGB; s. u.). Der Vermieter muss die Arbeiten grundsätzlich nicht selbst ausführen oder bezahlen; es geht um die Erlaubnis zur Durchführung.
Beispiel aus dem Alltag
Frau S. bricht sich den Oberschenkel. Die 4 cm hohe Badschwelle wird zum Hindernis. Sie beantragt beim Vermieter den Einbau einer bodengleichen Dusche und das Entfernen der Schwelle. Der Vermieter prüft Zumutbarkeit und Rückbausicherheit. Nach Einigung darf sie auf eigene Kosten umbauen; eine Sicherheitsleistung für eventuellen Rückbau wird vereinbart.
Zustimmung zu baulichen Maßnahmen: Mieter:innen haben einen Anspruch auf Erlaubnis zum barrierefreien Umbau, soweit dem Vermieter die Zustimmung zumutbar ist (§ 554 BGB). Dazu zählen z. B. Rampen, bodengleiche Duschen, Treppenlifte, Blindenleitsysteme.
Rechtsschutz bei Verweigerung: Wird die Zustimmung ohne tragfähige Gründe verweigert, kann sie gerichtlich ersetzt werden (Urteil ersetzt Zustimmung).
Kosten- und Durchführungsverantwortung liegen in der Regel bei der Mieterseite; der Vermieter muss nicht bauen oder zahlen.
Sicherheiten möglich: Vermieter dürfen eine Sicherheitsleistung (z. B. für Rückbau) verlangen, wenn dies zur Interessenabwägung gehört.
Bei bestimmten Gebäuden/Anlagen fordert die LBO barrierefreie Ausführung (z. B. öffentliche Gebäude, Heime, Bildungsstätten).
Neubauten mit > 4 Wohnungen: barrierefrei erreichbares Geschoss und rollstuhlgerechter Zugang zu den wesentlichen Räumen der dortigen Wohnungen; Ausnahmen bei unverhältnismäßigem Mehraufwand.
Geht es um Mängelbeseitigung (vereinbarte, aber nicht vorhandene barrierearme Eigenschaft) oder um zustimmungspflichtige Verbesserung?
Welche dauerhaften Folgen (z. B. Rückbau, Instandhaltung) sind realistisch?
Wer nutzt die Wohnung in 3–5 Jahren – und welche Lösung trägt dieser Perspektive Rechnung?
Konflikte entstehen oft, weil Begriffe und Ansprüche vermischt werden – „barrierefrei“ im baurechtlichen Sinn ist etwas anderes als individuell notwendige Anpassung im Mietrecht.
Orientierungsgespräch (telefonisch/online) mit dem Mieterverein Heidelberg: Anliegen sortieren, Ziel definieren, Dokumente sichten.
Bedarf dokumentieren: Fotos/Skizzen, kurze Begründung der Einschränkung (z. B. Mobilität, Sturzgefahr), ärztliche Bescheinigung nur, wenn nötig. [Allgemeine Praxis]
Technischen Vorschlag erarbeiten (z. B. Rampenmaß, Türverbreiterung, Dusche bodengleich) und Angebot vom Fachbetrieb einholen. [Allgemeine Praxis]
Schriftlicher Antrag an Vermieter: Maßnahme, Ausführung, Kosten, Sicherheitsleistung/Rückbau, Termine. Angemessene Frist zur Antwort setzen.
Interessenabwägung anbieten (Schonung der Bausubstanz, fachgerechte Ausführung, Versicherung).
Bei Ablehnung: Begründung verlangen; Rechtsprüfung; ggf. Zustimmungsklage vorbereiten.
Fachgerechte Ausführung und Dokumentation (Rechnungen, Pläne, Abnahmen).
Rückbauvereinbarung sicher ablegen; Mangelanzeige nur dann, wenn eine vertraglich zugesicherte Eigenschaft fehlt oder Arbeiten mangelhaft sind.
Förderung: Prüfen Sie Zuschüsse (Pflegekasse, Rehabilitationsträger, KfW-Programme) – abhängig vom Einzelfall.
Ja – bauliche Veränderungen erfordern grundsätzlich die Erlaubnis. Ohne diese riskieren Sie Abmahnung/Kündigung. Bei unberechtigter Verweigerung kann die Zustimmung gerichtlich ersetzt werden.
In der Regel die Mieterseite. Der Vermieter muss nicht selbst bauen und nicht zahlen; häufig wird eine Sicherheitsleistung für eventuellen Rückbau vereinbart.
Die LBO wirkt vor allem bei Neubauten/baulichen Änderungen. Bestandsmietverhältnisse werden mietrechtlich gelöst (Zustimmungsanspruch, Zumutbarkeit).
Nur, wenn vereinbarte Eigenschaften fehlen oder sich der Gebrauch gegenüber dem geschuldeten Zustand wesentlich verschlechtert.
§ 554 BGB ist mit dem WEG verzahnt; nötigenfalls kommt eine Beschlussersetzung in Betracht (Einzelheiten im Mieterlexikon).
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